Die Überschätzung des Geschmacks

Normalerweise sagt man bei einem guten Wein oder Whisky gerne salopp »Der schmeckt mir«. Auch in der näheren Betrachtung schmeckt man Apfel- oder Birnen-Aromen, Cassis oder mineralische Noten. Doch eigentlich müsst es heißen: »Der riecht mir«.

Der Geschmack ist in unserer Sprache völlig überschätzt, denn der Mensch hat nur vier Zonen auf der Zunge, die unterschiedliche Eindrücke, und zwar, süß, sauer, bitter und salzig, erfassen können. Mittlerweile hat sich noch als fünftes das so genannte umami feststellen lasse. Das Wort stammt au dem Japansichen und bedeutet fleischig, würzig und wird durch durch Glutaminsäure und Asparaginsäure hervorgerufen.

Das was wir als Schärfe empfinden ist kein Geschmack, sondern lediglich ein Schmerz. Etwa 80 Prozent des empfundenen Geschmacks sind in Wirklichkeit die Aromen einer Speise, die vom Geruchssinn wahrgenommen werden, nur rund 20 Prozent entstehen auf der Zunge. Testen Sie es einfach mal und halten beim Trinken von Wein oder Whisky einfach die Nase zu, sie haben dann in etwa den Effekt, dass sie eben nur die vier Geschmacksrichtungen wahrnehmen.

Zudem nehmen die Geschmacksknospen der Zunge mit zunehmenden Alter ab. Jedoch wachsen mit dem Alter die Geruchserfahrungen. Und diese Geruchserfahrungen sind teilweise sehr individuell. Lassen Sie sich auch nicht durch die Sprache von Weinführern oder anderen abschrecken. Wenn z.B. ein Wein oder Whisky für Sie nach dem Dachboden bei Ihrer Großmutter riecht, so entspricht dieser Geruch eben Ihrer ganz individuellen Erfahrung. Und ehrlich gesagt, sind Beschreibungen wie »riecht nach durchgerittenem Damensattel« vielleicht etwas poetisch, aber wenn Sie weder wissen wie ein nicht-durchgerittener Sattel riecht, geschweige denn den Unterschied zwischen einem Herren- und einem Damensattel geruchlich feststellen, so bringt Ihnen diese Art der Beschreibung für die Entscheidung für oder gegen einen Wein nicht viel.

Verlassen Sie sich mehr auf Ihre Nase und trainieren Sie diesen wesentlichen Sinn, durch bewusstes Probieren zu Hause oder auf Verkostungen.
 

(Bildquelle: J. Nathan Matias)