Glenmorangie – von Giraffen und Whisky

Nach dem Besuch bei Balblair ging es am gleichen Tag noch zu Glenmorangie. Vom B & B in Tain wählten wir den Fussweg. Direkt an der Straße vorbei nicht unbedingt idyllisch, aber so konnten wir beim Tasting auch alle Whiskys in Ruhe genießen. Die Brennerei liegt direkt am Meer.
Die 1843 gegründete Glenmorangie gehört zu den Brennereien, die in den 60er Jahren in großem Stil begonnen haben sich auf die Single Malt Produktion anstelle der Blends zu konzentrieren. Seit 2004 ging die Brennerei gemeinsam mit Ardbeg in den Besitz von LVHM – Louis Vitton Moet Hennesey.
Glenmorangie gehört vom Produktionsvolumen und der weltweiten Verbreitung, was reine Single-Malt-Produktion angeht zu den Top 5.

Von Giraffen und feinen Spirits
Aber nicht nur das macht die Whiskys so besonders. Allen voran ist es die besondere Bauweise der Brennblasen. Es sind die längsten Brennblasen (über 8 Meter) hoch in Schottland. Durch diese Bauweise können dort sehr eleganten fruchtige und feine Spirits produziert werden. Diese Form gab auch den Anlass dafür, dass die Griaffe das „Wappentier“ der Brennerei wurde. Sieht man die Brennblasen sich mit den langen Hälsen an, weiß man warum.

Als wir da waren, wurde gerade an einem Anbau für ein weiteres paar Pot Stills gearbeitet, so dass in Kürze wohl die Produktion ausgebaut wird.

Aus den »16 Men of Tain«, was noch die Flaschen ziert, sind heute 21 geworden und darunter auch einige Frauen. Dass Glemorangie nicht nur von Männern gemacht wird ist übrigens keine moderne Erscheinung.
Eine Frau hat bereits im 19. Jahrhundert die Geschicke der Brennerei maßgeblich beeinflusste. Ann Matheson leitete ihrem Sohn John die Brennerei Glenmorangie von 1862 bis 1887. Und heute ist zum Beispiel Gillian Macdonald seit 2012 Head of Analytics & Whisky Creation.

Vorreiter des Cask-Finish
Die Whiskys der Standardrange von Glenmorangie reifen zunächst 10 Jahre in ex-Bourbon-Fässern. Der Original kommt mit diesem Alter auch auf die Flasche, die drei weitere lagern jeweils 2 jahre in verschiedenen Fässern, ex-Sherry, ex-Port oder ex-Sauterne-Fässer und sind damit 12 jahre alt. Glenmorangie war ein Vorreiter für so genannte Cask Finish. Anfang der 90er Jahre waren sie es, die den ersten Single Malt mit Sherry-Cask-Finish auf den Markt brachten. Alle Fässer werden maximal zwei mal in der Brennerei verwendet.

Tasting mit dem Destillerie Manager
Nach der obligatorische Führung durch die Destillerie – Fotos waren hier auch wieder keine erlaubt – hatten wir dank unserem Freund, Thomas Zilm, zum damaligen Zeitpunkt noch Brand Ambassador für LVMH in Deutschland, die Möglichkeit für eine besonderes Tasting bekommen. Er sagte nur, man hätte da etwas vorbereitet. nach dem Ende der regulären Tour, wurde uns gesagt, dass wir gleich von Andy abgeholt würden. Dieser Andy stellte sich als Destillerie Manager Andy MacDonald heraus. Mit ihm gingen wir dann ins Warehouse, wo er Proben aus drei Fässern vorbereitet hatte. Dort hatten wir dann u.a. die Möglichkeit einen Original in Fassstärke zu verkosten sowie den großen Bruder des Quinta Ruban – 10 Jahre ex-Bourbon und 7 Jahre Port Cask. Zum niederknien. Und das zeigte mir wieder, dass die Whiskys von Glenmorangie einfach für meinen Geschmack Fassstärke benötigen, denn herunter verdünnt sind sie mir zu perfekt.

Insgesamt setzt mir Glenmorangie als Marke jedoch zu viel auf Luxus und ist mir zuviel Schnickschnack um den Whisky herum. Die Abfüllungen der Destillerie sind in der Regel sehr ausgewogen, elegant, fruchtig und mild. Unabhängige Abfüllungen unter dem Namen Westport sind aber immer eine spannende Entdeckung.

Die „harten“ Fakten
• Standardabfüllungen: Original 10 Jahre, Lasanta 12 Jahre, ex-Sherry-Cask-Finish, Quinta Ruban 12 Jahre, ex-PortCask-Finish, Nectar d’Or 12 Jahre, ex-Sauterne-Cask-Finish
• Jahresproduktion: ca. 6.700.000 Liter Rohalkohol entspricht rund 1 Million Flaschen
• Malz: ungetorftes malz
• 16 Stainless Steel Washbacks mit je 48500 Liter
• je 6 Wash- und Spirit Stills (Washstill 13.000 Liter, Spirit Still 8.200 Liter)
• Fermentationszeit: 52 Stunden

Neue Abfüllungen von Berry Bros. & Rudd im September

Berry Bros. & Rudd haben wir ein paar ganz wunderbare Abfüllungen herausgebracht. Dabei sind neben einem Longmorn aus einem Pomerol Cask und ein Craigellachie aus einem Sauterne Cask, ein sehr ausgefallener Westport.

Westport, das hab ich hier ja schon ab und an erläutert ist ein sogenannter teaspooned Whisky, also zumindest offiziell ein Blended Malt. Das ist jedoch noch nicht das besondere daran. Sondern sein Alter und sein Cask Finish. Er ist immer hin 22 Jahre alt, in Faßstärke abgefüllt und erhielt ein Finish in einem Brandy. Genau genommen in einem Shustov Brandy Cask. Shustov ist in Odessa, also der Ukraine beheimatet. Hat man nicht alle Tage im Glas.

Unendliche Weiten: Ursa Major von Scotch Universe AUSGETRUNKEN

In der Reihe »Scotch Universe« hat Michel Reick immer aussergewöhnliche Whiskys abgefüllt, aber deren Herkunft allesamt hinter einem Code und dem Namen eines Stern oder Himmelskörpers versteckt sind.

Ursa Major ist der »Große Bär« oder »Großer Wagen« als Sternenbild. Das gibt natürlich noch keinen Aufschluss über die Herkunft. Aber die Unterzeile sagt viel aus.

141° U.4.1’ 1843.1’’ TS

Lösen wir mal auf. Also 141 Monate gereift. U steht für Unpeated. Die 4 steht in der eigenen Kategorisierung für Rotweinfass (Marquise de Therme Barrique). die 1 dahinter für First fill. 1843 gibt Aufschluss über die Brennerei, die 1 steht wiederum für die Region Highlands. TS, dann für Tea spooned.

Allem Anschein nach könnte es sich damit um einen Westport handeln. Also ein Glenmorangie, welcher – zumindest offiziell – mit einem Teelöffel eines anderen Whisky gemischt wurde.

Der Charakter könnte zur Destillerie passen. Glenmorangie ist in seinen Standardabfüllungen mir persönlich oft zu perfekt, zu glatt, zu weich, ohne jeglichen Ecken und Kanten. Als ich im Herbst 2018 dort die Möglichkeit hatte mit dem Destilleriemanager ein privates Warehouse-Tasting zu machen, hab ich Glenmorangie in Fassstärke noch mal ganz anders kennen gelernt. Der starke Alkohol gibt dem ansonsten nahezu perfekten Whisky wieder ein starkes Rückgrat und für mich gleichzeitig wieder mehr Tiefe. Manchmal brauch es eben ein wenig mehr.

Die 60,3 Vol % beim Ursa Major sind zwar einen Ansage, aber sind kaum im Mund zu spüren.

Im Glas duftet er nach rote Früchten, wirkt aber eher leicht und selbst in der Nase ist der Alkohol kaum zu spüren.

Beim Trinken spürt man erst die Süße, dann geht kommen aber herbe Noten vom Rotweinfass und den Taninen. Aber die Süße bleibt dabei wie ein Schleier darüber stehen, sehr langer aber wieder eher trockener Abgang. Purer Genuss und die perfekte Kombination eines großen Whiskys mit einem spannenden Fass.

Teaspoon – Whisky mit dem Teelöffel

Immer wieder findet man bei Whiskys unabhängiger Abfüller den Begriff Teaspoon, also Teelöffel, auf dem Label. So zum Beispiel bei Abfüllungen unter dem Namen Westport. Was hat es damit auf sich?

Dabei handelt es sich um einen Single Cask Whisky, welcher – zumindest offiziell – mit einem Teelöffel eines Whisky aus einer anderen Brennerei gemischt wurde. Dadurch ist der Whisky, der aus diesem „Single Cask“ kommt allerdings kein Single Malt mehr, sondern »nur« ein Blended Malt. Und so darf die Abfüllung nicht mehr den Namen der eigentlichen Destillerie auf dem Etikett tragen. Ob wirklich jemand mit einem Teelöffel ein paar Tropfen von Whisky A ins Fass von Whisky B träufelte, mag dahin gestellt sein. Selbst wenn, wäre der Einfluss marginal.

Aber Brennereien schützen damit ihre Marke und das geschmackliche Profil der Marke. Denn die Single-Cask-Abfüllungen unterscheiden sich manchmal deutlich von Standardabfüllungen der Brennereien. So verkaufen sie zwar die Fässer an unabhängige Abfüller, aber bei einem Westport steht halt nicht Glenmorangie drauf.

Da aber eh das wichtigste ist, ob er schmeckt oder nicht, soll es uns gleich sein. Zudem sind wir meist positiv überrascht, was so ein Teaspooned Whisky gegenüber der Standardabfüllung »kann«.

8. März: Whisky undercover – nur der Geschmack zählt (Whisky-Tasting)

Wer schon einmal bei uns im Laden oder bei einem unserer Whisky-Tastings war, dem wird aufgefallen sein, dass auf den meisten unserer Whiskys die Namen bekannter Destillerien nicht oder nur klein draufstehen. Dahinter steckt das Konzept der „unabhängigen Abfüllung“: Die Abfüller kaufen Single Casks oder kleine Batches bekannter Destillerien und bringen sie „undercover“ in den Handel. Dabei handhaben es die Brennerei unterschiedlich, ob ihr Name genannt werden darf oder nicht.

Wir finden ja, dass Whisky für sich spricht, und dass es nicht wichtig ist, genau zu wissen, welche Brennerei dahinter steckt. Natürlich sind einige Namen gar nicht mehr so geheimnisvoll: So ist mittlerweile bekannt, dass beispielsweise Westport eigentlich Glenmorangie oder Croftengea ein torf-rauchiger Loch Lomond ist.

Für dieses Tasting haben wir unter anderem Abfüllungen von Spirit & Cask Range, The House of McCallum oder Scotch Universe rausgesucht, bei denen auch wir zum Teil nur vermuten können, aus welcher Brennerei sie eigentlich kommen.

Lasst Euch überraschen!

In der Pause gibt es ein Buffet mit verschiedenen Käsen und zwischen den Whiskys reichen wir Weißbrot sowie Wasser. Bitte sorgt für eine gute »Grundlage« (Essen) vor der Verkostung und eine sichere Heimreise danach. Don’t drink and drive!

Wir bitten um verbindliche Anmeldung via E-Mail: tasting@die-genussverstaerker.de oder direkt im Laden

Preis 50 Euro inklusive Whiskys und Pausenbuffet (pro Person)
Ort Die Genussverstärker, Laden in der Bernardstraße 63a,
Datum/Beginn 8. März, Freitag 20:00 Uhr (Dauer ca. 3 Stunden)
Geeignet für Einsteiger und Fortgeschrittene